Schluss mit der weltweiten Politik harter Spardiktate in den Staatshaushalten!

Schluss mit der weltweiten Politik harter Spardiktate in den Staatshaushalten!

Der nächste Haushaltsplan der Bundesregierung ist eine Rotstiftorgie. Das ist nicht nur in Deutschland so. Vor kurzem stellten Isabel Ortiz und Matthews Cummins ihre Studie vor: Austerität beenden: Ein Bericht über weltweite Haushaltskürzungen und schädliche Sozialreformen von 2022 bis 2025.

In der Zusammenfassung der Ergebnisse (deutsche Übersetzung hier) schreiben sie:

Die Welt steht heute vor einer schweren Pandemie harter Sparpolitik (Austerität)“:

Die hohen Ausgaben, die zur Bewältigung von COVID-19, der daraus resultierenden sozioökonomischen Krise und anderer Erschütterungen aufgrund struktureller Ungleichheiten erforderlich sind, haben in Verbindung mit gesenkten Steuersätzen dazu geführt, dass die Regierungen es mit immer höheren Haushaltsdefiziten und höherer Verschuldung zu tun haben. Dies führte ab 2021 zu einer weltweiten Kampagne für Haushaltskonsolidierungen, bei der die Regierungen genau dann zu Sparmaßnahmen griffen, wenn die Bedürfnisse der Bevölkerung und der Volkswirtschaften am größten waren.“

Neu ist das nicht: Schon lange vor der Covid-19-Pandemie war die Schuldenproblematik akut und die Rolle der Finanzmärkte, von IWF und Weltbank lebensvernichtend. Aber der Umgang mit der Pandemie und erst recht die neuerlichen Erschütterungen durch Klimakatastrophen, Kriege und die sich zuspitzende Konfrontation der Großmächte lassen die Situation weltweit eskalieren.

Die Studie beschreibt detailreich die Häufigkeit von Haushaltskürzungen in 189 Ländern und die wichtigsten Sparmaßnahmen, stellt aber auch alternative Finanzierungsmöglichkeiten vor und fordert die Länder auf, harte Sparmaßnahmen zu beenden, indem sie Freiräume in ihrer Haushaltspolitik schaffen, um die Lebensbedingungen der Bevölkerung wieder zu verbessern und Fortschritte bei der Verwirklichung der Menschenrechte und der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) zu finanzieren.“

Die Verfasser der Studie belassen es nicht bei Forderungen, sondern weisen auf Finanzierungsmöglichkeiten hin, die selbst in den ärmsten Ländern anwendbar sind, etwa:

  1. Erhöhung progressiver Steuereinnahmen,
  2. Umstrukturierung/Abbau von Schulden,
  3. Unterbindung illegaler Finanzströme,
  4. Erhöhung von Sozialversicherungsbeiträgen und -abgaben, einschließlich angemessener Arbeitgeberbeiträge und Absicherung von Arbeitnehmern in der informellen Wirtschaft durch menschenwürdige Verträge,
  5. Inanspruchnahme von Steuer- und Devisenreserven,
  6. Umschichtung öffentlicher Ausgaben,
  7. Schaffung eines besseren makroökonomischen Rahmens,
  8. Lobbyarbeit für öffentliche Entwicklungshilfe und Ausgleichszahlungen und
  9. neue Zuweisungen von Sonderziehungsrechten (SZR).

Das Unvermögen oder der Unwille vieler Regierungen, elementare Bedürfnisse der Bevölkerung zu erfüllen, führt in vielen (westlichen) Ländern zu einem Rechtsruck und in vielen Ländern im Globalen Süden zu blutigen Unruhen wie jüngst in Kenia mit vielen Toten.

Was können die Bürger tun? heißt das Schlusskapitel der Studie

In fünf Hauptschritten wird aufgeführt, wie Sparpolitik/Austerität in einem Land friedlich beendet werden kann:

  1. untersuchen, ob die Regierung die öffentlichen Ausgaben kürzt,
  2. Nein zur Sparpolitik sagen und positive Forderungen für eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung formulieren,
  3. zu einem nationalen öffentlichen sozialen Dialog aufrufen,
  4. eine schnelle und aktuelle Vorab-Einschätzung treffen über die sozialen Auswirkungen der verschiedenen politischen Optionen und Finanzierungsalternativen; und
  5. im Rahmen des nationalen sozialen Dialogs mit Regierung, zuständigen Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden und zivilgesellschaftlichen Organisationen die besten Maßnahmen aushandeln und vereinbaren.


London 2015, Foto: Steve Bell


Amerkung:
Die Studie ist mit ihren Details, Tabellen und Übersichten in ihrer Gänze lesenswert.
Übersetzung-Software (wenn auch nicht perfekt) kann dabei hilfreich sein und ist kostenlos verfügbar.

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