Globalisierung und Soziale Frage

Globalisierung und Soziale Frage

Es ist kein Naturgesetz, dass Menschen ohnmächtig den Verhältnissen ausgeliefert sind, die sie selbst erzeugen. …
Die Verhältnisse, in denen Menschen ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen
bewußt so einrichten können, dass sie wenigstens im Durchschnitt glücklich werden können, müssen erst noch geschaffen werden.

Rainer Roth, Nebensache Mensch, 2003

3,2 Milliarden Menschen leben von weniger als fünf Euro am Tag. Drei Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu grundlegender Gesundheitsversorgung und drei Viertel aller Beschäftigten keinen Zugang zu sozialer Sicherung. In Deutschland verfügt die Hälfte der Bevölkerung nur über 0,75% des Vermögens.

Armut in einer kapitalistischen Gesellschaftsordnung liegt nicht an fehlendem Reichtum, sondern an den Produktions- und Eigentumsverhältnissen (gesellschaftliche Produktion – private Aneignung) und am Zweck des Wirtschaftens, der Profiterzielung.

Lohn und auch jede Ausgabe für die sozialen Bedürfnisse der Menschen wie die Daseinsvorsorge sind Kostenfaktoren und somit ein Abstrich am Profit.

Sozialpolitische Regelungen sollen dafür sorgen, dass die Menschen in dieser Gesellschaft überleben können; sie vertuschen, dass der Lohn in den üblichen Wechselfällen des Lebens für den größten Teil der Menschheit nicht reicht.

Der Sozialstaat wurde – wo es ihn gibt – hart erkämpft. Nichtsdestoweniger ist er ein Zugeständnis, um den Fortbestand des kapitalistischen Systems zu sichern. Das Kapital braucht den Sozialstaat, gleichzeitig ist er ihm lästig. Globalisierung bedeutet, dass der ganze Globus für die Profitvermehrung zur Verfügung stehen soll: etwa durch Auslagerung der Produktion in Länder mit den geringsten Lohnkosten, Raubbau und Rohstoffexport in den Ländern des Globalen Südens.

Die Konkurrenz der großen Wirtschaftsblöcke bzw. der imperialistischen Staaten verstärkt -nach innen und nach außen – die Aggressivität im Kampf um die Erzielung von Profiten und zwingt zu immer härteren Kämpfen um kleinste Zugeständnisse an die sozialen Bedürfnisse. Die Kosten der Kriege und Wirtschaftskriege um Einflusssphären werden abgeladen sowohl auf die Menschen in den Industrieländern als auch auf die Länder des Globalen Südens.

Es gilt,

  • ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass die Lösung der sozialen Frage – national wie international – für die erforderliche sozial-ökologische Umgestaltung eine wesentliche Rolle spielt,
  • sich einzubringen in Widerstände und Proteste gegen Armut und Gefährdung der Arbeits- und Lebensverhältnisse – in Deutschland und weltweit,
  • sich zu beteiligen an Versuchen, Alternativen zu denken und umzusetzen in Richtung einer grundsätzlicher Entscheidung für weltweite Solidarität.

Literaturempfehlungen:

  • Grégoire Chamayou, Die unregierbare Gesellschaft, 2019
  • Renate Dillmann/Arian Schiffer-Nasserie, Der soziale Staat – Über nützliche Armut und ihre Verwaltung, 2018
Kommentare sind geschlossen.